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Frohe Weihnachten aus der Voltaregion!

Frohe Weihnachten aus der Voltaregion in Ghana! Nachdem ich endlich Rahim, den aktiven Schatzmeister von TeoG Ghana, kennen lernen durfte, der mir Takoradi und die Western Region gezeigt hat, bin ich heute am 1. Weihnachtsfeiertag in der Voltaregion angekommen. Da die Busfahrten der letzten Tage nicht so viel Stoff hergeben, gibts eine kleine Weihnachtsgeschichte aus Takoradi in der Western Region:

Mo, 19. Dez.2016

Es klopft lautstark an der Tür. Dankbar aus meinen etwas verstörenden Träumen gerissenworden zu sein, versuche ich mich zu orientieren. Ein Ventilator an der Decke, ein Klimaanlage an der Wand, ein Doppelbett für mich allein, ein kleiner Tisch mit Sessel, auf dem das neue Testament liegt, ein Schreibtisch am Fenster und ein Kühlschrank. Ja stimmt, ich bin in Ghana. Genauer gesagt in einem Hostel in der aufstrebenden Küstenstadt Takoradi, die mit ihrer Lage in der Western Region umzingelt ist von Fischerdörfern, aber auch vor allem von Minenstädten und Palmölplantagen.

Takoradi ist nicht nur mitunter die wohlhabenste Stadt Ghanas ist, sondern blickt auch einer goldenen (im wahrsten Sinne der Wortes) Zukunft entgegen. Die wiedererrichtete neue Bahnstrecke hätte eigentlich bereits dieses Jahr noch vor den Wahlen fertig gestellt werden sollen. Wie schon zu Kolonialzeiten soll sie über Minenstädte wie Tarkwa, welches eine eigene Bergbauuniversität besitzt, bis in die Ashinti Region in das boomende Kumasi mit 1,5 Millionen Einwohnern führen. Der aufstrebende und reicher werdende Süden Ghanas muss mit Öl und Gas, das kürzlich vor der Küste der Western Region entdeckt wurde, sowie Importwaren versorgt werden. Gleichzeitig sollen die Erzeugnisse der Gegend, Palmöl, Diamanten, Bauxit, Mangan, Eisenerz, Kalkstein und Gold nicht nach Tema, dessen Hafen durch die Ernennung Accras zur Hauptstadt Takoradi bereits vor Jahrzehnten an Bedeutung überhohlt hat, geliefert werden.

Erneutes Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken. Ich erinnere mich, dass ich mein Zimmer nur vorgestern für eine Nacht bezahlt habe. Gestern wollte ich mein Zimmer für eine weitere Nacht bezahlen oder zumindest nachfragen, ob ich weitere Tage bleiben kann, allerdings war gerade kein Angestellter an der Rezeption gewesen und ich habe mein Vorhaben verschoben. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 6:30 Uhr. Große Sorgen mache ich mir wegen des nicht bezahlten Zimmers nicht. Das mit den Sorgen habe ich in Ghana schon lange aufgegeben. Die allermeisten Ghanaer sind in der Tat sehr nett und lassen immer mit sich reden. Vor allem als Obroni (Weißer) wird man in der Regel sehr respektvoll behandelt. Trotzdem springe ich aus dem Bett und gehe zur Tür. Ich überlege noch kurz, ob ich mir eine anständige Hose anzeihen soll, verwerfe den Gankenken aber schnell und schließe verschlafen die Tür auf. Vor mir steht ein steht eine junge Ghanaerin mit einem Tablett und einem Krug Wasser in der Hand. Verwirrt frage ich: “ Äh… is this for me?“ (Was für eine geistreiche Frage!) „Yes, this is for you.“, antwortet sie ohne mich anzublicken. Sie ist währenddessen an mir vorbeigeschlüpft und hält kurz vor dem kleinen Tisch vor dem Sessel an. Außer dem neuen Testament liegt neben der Vase mit den Plastikblumen mein Laptop. Sie dreht sich um und blickt zum Schreibtisch. Zwischen den Reiseführern, meinem Notitzheft und er Fernbedinung für die Klimaanlage ist noch Platz. Sie stellt das Tablet ab und verschwindet ohne ein weiteres Wort aus meinem Zimmer. Ich murmle noch ein etwas verwirrtes aber freudiges „Thank you!“. Das ist ja wie Weihnachten! Ein Teller mit Rührei, Instantkaffe und Brot. Ich setze mich in den Sessel und freue mich über Luxus in meinem Zimmer. (Dass die Wasserleitung im Bad nicht funktioniert und die Klimaanlage so laut ist, dass ich sie nur selten einschalte übergehe ich jetzt mal).

Aber ja, nach acht Wochen in Ghana habe ich gelernt, den Luxus zu akzeptieren und auch zu genießen, dem man sich als Reisender wohl nicht entziehen kann. (Hostels, die für die breite Masse der Ghanaer erschwinglich wären gibt es einfacht nicht.) Die Frage, ob ich gestern eigentlich auch Frühstück hätte bekommen sollen und ob ich morgen wieder eins bekomme, verdränge ich ganz schnell. Ich habe meine Erwartungen an die Umstände angepasst. Das hat den Vorteil: Es gibt so gut wie keine negativen Überaschungen mehr. Aber dafür gibt´s umso mehr positive Überaschungen, als ob jeden Tag Weihnachten wär 😉


Mein Hostel in Takoradi


Mit dem Aufschwung durch das Öl schießen die Eigenheime wie Pilze aus dem Boden


Der Hafen von Takoradi wird großzügig ausgebaut.


Zum Schluss nochmal ein Blick von Groß Friedrichsburg auf den Strand, der Sklavenburg, die 1681 von den Deutschen gebaut, dann aber 36 Jahre später an die Holländer verkauft wurde.

Text: martin.huber